Am Gipfel angekommen konnten wir die beiden Täler überblicken, die durch eben jenen getrennt waren. Schon kündigte sich der nächste Schauer an und benetzte den steinigen Gipfel mit leichten Tropfen. Viele Wanderer überspringen diese kleine Etappe des Nordkalottleden und lassen sich auf direktem Wege über einen See bis kurz vor die Hütte fahren. Wenn sie nur wüssten was sie verpassen.
Bergab kamen wir an einem Wasserfall vorbei, der sich bis weit unten ins Tal erstreckte und sich sogleich als Fotomodell beweisen konnte. Es war schwierig sich mit dem Fotografieren zurückzuhalten, obwohl ich eigentlich wusste, dass sich das Landschaftsbild in den nächsten Tagen auf dem Nordkalottleden nicht groß ändern würde. Doch schien jeder Ort es verdient zu haben einen kleinen Platz auf meiner Speicherkarte zu erhalten.
Der letzte Teil der ersten Tour auf dem Nordkalottleden führte uns entlang des Grenzzaunes, bis wir schließlich an der Abbiegung zur Kouhkimajärvi-Hütte angelangten. Zwar waren es an diesem Tag nur 12 Kilometer, aber die ersten Schritte sind nun einmal stets die schwersten. So waren wir froh, als wir endlich das dunkelbraune Dach der Holzhütte erspähten.
Inhaltsverzeichnis
Die Kuohkimajärvi-Hütte
Eingebettet von einem idyllischen See lag die Hütte auf einer kleinen Anhöhe versteckt zwischen Sträuchern. Auf der kleinen, einladenden Terrasse standen bereits drei Rucksäcke, die zu einer Gruppe finnischer Wanderer gehörten, die auch auf dem Nordkalottleden unterwegs waren.
Die Hütte bestand innen aus einem Tisch mit zwei Sitzbänken, einem kleinen Ofen, einer Küchenzeile und einem Schlaflager für ca. 7 Personen. Dies war sozusagen die Notunterkunft. Nebenan stand eine größere und feinere Hütte, die man jedoch im Voraus hätte buchen müssen. Aber mein Gott, auf einer Trekking Tour will ich einfach nur einen trockenen und im besten Fall warmen Platz für die Nacht, der Rest ist Luxus.
Bei einem Becher Kaffee mit Schuss diskutierten wir mit den Finnen über Zuckersteuer, Alkoholschmuggel aus Estland und wurden darüber aufgeklärt, dass Finnland natürlich das „beste Land im hohen Norden“ sei. Im Laufe unserer Reise, haben wir das auch über Norwegen und Schweden gehört und als freundliche Gäste haben wir dem Gegenüber natürlich immer wärmstens zugestimmt.
Aurorafieber auf dem Nordkalottleden
Gegen Mitternacht wurden wir plötzlich von den Finnen geweckt. „Hey, grab your camera. The light show began“. Noch in Tromsø hatten wir von mehreren Deutschen gehört, dass sie 4 Wochen dort oben verbracht haben, ohne die Nordlichter auch nur ein einziges mal gesehen zu haben. Sollte uns also das Glück ereilen sie bereits in der ersten Nacht auf dem Nordkalottleden in den Genuss ihres Anblicks zu kommen?
Während Celine sich noch aus ihrem Schlafsack schälte, stand ich bereits halbbekleidet an der Tür und schraubte die Kamera auf das Stativ. Als ich die Tür öffnete wurde ich wieder daran erinnert, dass wir in Lappland und nicht im warmen Deutschland waren. Also schnell noch 2 Kleidungsschichten übergeworfen und raus in die skandinavische Nacht, wo wir nun zu fünft hoffnungsvoll in den Himmel starrten.
Wie eine Art leuchtende Wolke zogen sich die Nordlichter über den Horizont. Eine Form, die selbst die Finnen überraschte. So schnell wie sie gekommen waren, ebbten Sie dann aber auch wieder ab. Das Spektakel dauerte nur 5 Minuten und trotzdem hat es einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen. Wir freuten uns auf die nächsten Nächte auf dem Nordkalottleden und hofften auf ein weiteres Erscheinen der sagenumwobenenen Lichter. So viel vorab, es blieb nicht unsere letzte Begegnung, nur sollten wir sie bald schon viel intensiver und majestätischer Erleben dürfen. (Die Bilder dazu gibt es in den nächsten Teilen unserer Abenteuer Lappland Reihe)
Am nächsten Morgen weckt uns der Geruch von Pfannkuchen und Kaffee. Die ganze Mannschaft scheint bereits abmarschbereit für die nächste Trekking Etappe, während wir uns aus dem kuschligen Schlafsack rollen. Kurzer Blickkontakt mit meiner Freundin. Ja, heute werden wir uns nicht viel bewegen (können).
Das Gewicht der Rucksäcke schlägt vor allem am Anfang zu Buche, was man besonders merkt, wenn man sich körperlich nicht auf die Trekking Tour vorbereitet hat. (Alle Physiotherapeuten überspringen die nächsten Zeilen am besten) Wir tragen auf dem Nordkalottleden zwischen 35-40% des eigenen Körpergewichts auf dem Rücken (24-28 Kg), und fallen somit deutlich in die Trekking-Kategorie der „Heavypacker“. Dafür haben wir uns aber freiwillig entschieden und wussten bereits, dass die ersten Tage kein Zuckerschlecken werden.
Im Herzen der Natur
Meist kann man nach einem harten Wandertag, die einen umgebende Natur nicht ausreichend würdigen. Umso intensiver ist dann das Erlebnis am nächsten Morgen. Wir setzten uns auf die Terrasse und ließen die Eindrücke auf uns einwirken. Links der Hütte fließt ein kleiner, glasklarer Bach und speist sich plätschernd in den großen See, der die Hütte auf der vorderen Seite wie einen breiten Burggraben zu umgeben versucht. Die herbstlichen Blätter der Birken wiegen sich im Gleichtakt mit dem Schilf am Ufer im Wind.
Zu unserer Rechten erstreckt sich eine massive Gebirgskette, deren höchster Gipfel drohend aus einem Kranz von Wolken umhüllt wird. Wir bleiben noch lange sitzen und saugen diesen schier perfekten Augenblick in uns auf und speicherten ihn im Ordner „Momente, die Kraft spenden“ ab.
Nachdem der mentale Speichervorgang beendet und das Müsli verputzt war, machten wir uns auf in Richtung der Goldahytta. Der Abschnitt auf dem Nordkalottleden führte uns durch 3 Länder! Wer nun aber an eine beschwerliche Trekking-Etappe denkt, irrt sich – denn bis zur Goldahytta sind es nur 3 Kilometer. Doch diese Etappe führt am „Treriksröset“ dem 3-Länder-Eck entlang, welches anmutig durch einen tumben, gelben Betonklotz im See verkörpert wird…
„Toll“, dachten wir uns und setzten unsere Trekking Tour fort. Die Grenze durchquerten wir dann ebenso stilvoll durch ein Loch in einem Drahtzaun, welches mit einem Vorhang aus Plastiktüten zugehängt wurde. Der Weg war einfach und eben – die Gelenke dankten es uns.
Goldahytta
3 Hütten sind es dann insgesamt, die sich vor uns auftun. Golda 1, 2 und 3. Wir entschieden uns dann kurzfristig für die Hütte, die am nächsten zu uns stand. Diese Faulheit sei uns gestattet, schließlich haben wir an dem Tag ja schon stolze 3 – in Worten: DREI – Kilometer zurückgelegt… 🙂
Unsere Trekking Tour haben wir übrigens u.a mit diesem Buch von Peter Bickel* geplant.
Die Hütten in Norwegen werden von den Regionalverbänden des DNT (Den Norske Turistforening) betrieben. Wie bereits erwähnt sind sie mit einem Vorhängeschloss gesichert und so bedurfte es des kleinen Schlüssels, den wir in Tromsø entliehen hatten.
Das kleine Schloss, welches uns noch von der Geborgenheit der Hütte trennte, erinnert an ein Herz und so konnte ich mir einen ziemlich billigen „Schlüssel-zu-meinem-Herzen-Spruch“ nicht verkneifen. Lustig geht anders, erkannte auch meine Freundin.
Doch als das Schloss aufklickte und wir den ersten Blick in die Hütte warfen, merkte ich, dass dies doch gar nicht so weit hergeholt war. Sofort verliebten wir uns in das, was wir da sahen. Ein schöner Holzfußboden, eine komplett eingerichtete Küchenzeile, einen hübschen Ofen, eine Eckgarnitur und sogar kleine Vorhänge, die die Fenster zierten, welche die kleine Hütte mit Licht fluteten.
Für uns, die wir zwar tolle, aber dennoch trostlose neuseeländische Hütten von unserer letzten Trekkingtour gewohnt waren, war dies ein Moment purer Freude. Das war nicht nur ein Ort zum Übernachten, nein, dies war ein Ort zum Wohlfühlen!
Auf der Suche nach Natürlichkeit beim Trekking
Während Celine sich darum kümmerte, unsere Ausrüstung herzurichten, machte ich mich schon mal ans Holzhacken. Richtigerweise muss ich jedoch zufügen, dass sich der DNT hervorragend um Feuerholz kümmert! Massenhaft sind große Scheite eingelagert und warten nur darauf zerkleinert zu werden. Ein großes Dankeschön, an die freiwilligen Helfer, die all dies bewerkstelligen!
Anstatt an dem Regler einer Heizung zu drehen, musste man also Holzhacken und Feuerwachen – Statt den Wasserhahn aufzudrehen zum Bach laufen und Wassereimer schleppen. Das fühlte sich einfach verdammt gut und richtig an.
Diese Natürlichkeit ist es, die ich auf solchen Reisen suche. Man könnte jetzt meinen, dass man, sobald man wieder zuhause ist, erst einmal eine lange, warme Dusche nehmen und die Annehmlichkeiten unserer modernen Lebensweise genießen will. Doch das Gegenteil ist der Fall, man lernt die Ressourcen wieder zu schätzen und geht sparsamer damit um. Ein schöner Nebeneffekt, der uns auf den Boden der Tatsachen zurückholt und uns daran erinnert, wie beschwerlich bzw. anders das alltägliche Leben eines großen Teils der Weltbevölkerung nun einmal ist.
Der nächste Teil unserer Abenteuer Lappland Reihe handelt von Lagerfeuerromantik im Fjell, Rentierherden und Grenzerfahrungen.
Wenn Dir unser Abenteuerbericht bis hierher gefallen hat, gib uns ein „Gefällt mir“ bei Facebook und erfahre so, wann der nächste Teil online ist!
Bis dann!
Euer Jannik
6 Kommentare
Super interessanter Blog. Tolle Fotos. Weiter so Jannik.
Bin gespannt auf weitere Berichte!
Hey Andy,
Vielen Dank für Deinen Kommentar – das freut mich sehr! Nachdem der Relaunch der Seite jetzt endlich abgeschlossen ist, gibts die Tage wieder frische Beiträge, hauptsächlich natürlich über die Lappland-Tour 🙂
Viele Grüße
Jannik
Servus Jannik,
dort oben fehlt mir auch noch auf meiner „Wanderliste“… Klingt auf alle Fälle sehr interessant und steht nun zumindest einmal als weiterer Punkt dabei 😉 Vielleicht findest du / deine Leser auch auf unserer Seite etwas Spannendes oder eine Anregung zum Wandern oder Trekking.
Viele Grüße aus Bayern
Michael
Servus Michael,
Ich kann es Dir nur wärmstens empfehlen – der hohe Norden ist schon etwas ganz besonderes.
Danke für den Hinweis auf Eure Seite – Teneriffa oder Ecuador stehen zwar noch nicht fest auf meiner Trekkingliste, aber was nicht ist kann ja noch werden!
Grüße aus Bayreuth 😉
Jannik
Gut geschrieben Jannik.
Kann kaum erwarten da im Sommer wieder durchzukommen. =)
Hey Vanja,
Vielen Dank! Ich bin schon gespannt auf deine Berichte. Wir haben auf dem Nordkalottleden einige Norge pa langs Wanderer getroffen, die waren alle total begeistert – und das wünsche Ich Dir auch!
Viele Grüße
Jannik